TUNE ist eine Reihe von Sound Residencies, für die Künstler*innen eingeladen werden, verschiedene Aspekte ihres Werks zu präsentieren: Live-Performances, Screenings und Installationen, die mit Klang arbeiten.

Bei den TUNE Performances im Jahr 2021 wurde deutlich, wie eng Geschichten sowohl einzelner Persönlichkeiten als auch größerer Gemeinschaften mit Klang verwoben sind, und dass ein Heraustreten aus der linearen Zeit uns neue Perspektiven eröffnet. 2022 liegt der Schwerpunkt auf Textur und Gestalt von Klang. Dabei stehen viele der präsentierten Werke im Dialog mit den Ausstellungen. Die eingeladenen Künstler* innen bewegen sich zwischen verschiedenen Genres, Zeitaltern und Einflüssen. Sie konzentrieren sich auf mikrotonale Komposition oder auf die Erkundung und Erweiterung der klanglichen Möglichkeiten eines einzelnen Instruments. Sie zeigen uns mit ihren Werken, wie Klang Zeit konstruiert und wieder zersetzt, wie Strukturen auftauchen und sich wieder auflösen. So entstehen Klangcollagen, erzählerische Werke, Klangwände, streng komponierte Songs oder Improvisation.

Einige Künstler*innen, die im Rahmen von TUNE auftreten, werden auch als Teil von Echoes präsentiert. Echoes ist ein neues Ausstellungsformat, das das Haus der Kunst im März 2022 vorstellt. Für TUNE werden Künstler*innen, die sich vornehmlich mit Sound beschäftigen, zu kurzen „Einzelausstellungen“ eingeladen und präsentieren in mehreren Auftritten verschiedene Aspekte ihrer Arbeit. Das Konzept von Echoes hingegen ähnelt einer Grupenausstellung, die einen bestimmtes Thema im Werk verschiedener Künstler*innen analysiert.

Live-Programm 2022

  • 28. & 29.1. Wolfgang Voigt
  • 11. & 12.2. Beatrice Dillon
  • 29. & 30.4. Stephen O'Malley, Kali Malone und Lucy Railton
  • 20. & 21.5. Galya Bisengalieva
  • 10. &11.6. Lolina
  • 22. & 23.7. JJJJJerome Ellis
  • 23. & 24.9. Emiranda (Emir Timur Tokdemir und Tove Agelii)
  • 28. & 29.10. Caterina Barbieri
  • 25. & 26.11. Okkyung Lee

Künstler*innen-Info

Caterina Barbieri

Die Italienerin Caterina Barbieri ist Komponistin und Musikerin. Die von ihr erzeugten Kaskaden aus Synthesizer-Melodien und rhythmischem Pulsieren scheinen den Raum und die Zeit um sie herum zu verformen. Barbieri versteht ihre künstlerische Praxis als einen intimen Austausch zwischen Mensch und Technologie. Aus diesem Verständnis heraus erschafft sie komplexe Klangsequenzen, mit welchen sie zeitliche und räumliche Halluzinationen auslösen und die Zuhörer in einen Zustand der Trance versetzen möchte.
In ihrem Werk, in welchem Strukturen wie von selbst entstehen und wieder verschwinden, wird spürbar, dass Musik voller Schöpferkraft ist und Komposition als lebendiger Organismus betrachtet werden kann. Barbieris Kompositionen sind mechanisch und lebendig zugleich, sie binden Klänge der organischen Welt ein, wie etwa in ihrem Album Ecstatic Computation von 2019, wo Cembaloklänge und Operngesang des 18. Jahrhunderts aufscheinen.

Galya Bisengalieva

Galya Bisengalieva ist eine preisgekrönte kasachisch-britische Violinistin und Komponistin. Dank der innigen Beziehung zu ihrem Instrument kreiert sie wunderschöne, emotionale Kompositionen. Rund um ein unnachgiebiges Dröhnen verwebt sie Genres wie Folk, Ambient, Klassik und elektronische Musik. Bisengalieva leitet das London Contemporary Orchestra. Ihre Solos und Improvisationen finden sich neben ihren eigenen Produktionen auch auf zahlreichen Soundtracks von Filmen und Fernsehproduktionen, darunter Mica Levis Under the Skin und Thom Yorkes Suspira.

Beatrice Dillon

Die Londoner Künstlerin und Musikerin Beatrice Dillon wurde zunächst als visuelle Künstlerin ausgebildet. In ihrem Werk verbindet sie Rhythmus, Raumklang und prozessbasierte Systeme, für die sie synthetischen wie akustischen Klang verwendet. Ihr Album Workaround (PAN) wurde von der Zeitschrift „WIRE“ zum Album des Jahres 2020 gewählt. Darin greift sie auf  afrokaribische rhythmische Traditionen zurück, auf die Essays der Malerin Bridget Riley über Raster-Anordnungen und Farbe, und  kombiniert FM-Synthese mit analoger Instrumentierung. 

JJJJJerome Ellis

JJJJJerome Ellis ist Komponist, Produzent, Autor und Multi-Instrumentalist und aktuell als Dozent an der Yale Universität tätig. Durch sein vielgestaltiges Schaffen zeigt er Verbindungen zwischen Blackness, eingeschränkter Sprechfähigkeit, Göttlichkeit, Natur, Klang und Zeitlichkeit auf. Er verfolgt einen improvisationsbasierten und theatralen Ansatz und bringt Saxophon, Klavier, Synthesizer und Sampler in ein klangliches Geflecht. Dabei schichtet er Melodien und Rhythmen auf eine Weise, die das kraftvolle, heilende Potenzial von Klang offenbar werden lässt.

Seine Veröffentlichung The Clearing (2021) ist ein reichhaltiges Werk, in dem Ellis das gesprochene Wort mit klanglichen Texturen aus Ambient und Jazz sowie experimenteller Elektronik verwebt. Er nutz dabei die Kraft der Musik und ihre Fähigkeit, eine eigene Zeitlichkeit zu erzeugen. So demonstriert er, dass Störungen des Sprachflusses, insbesondere das Stottern, nicht als Krankheitsbild gelten sollten, sondern einen Möglichkeitsraum darstellen.

Emiranda

Für das Projekt Emiranda fügen Emir Timur Tokdemir und Tove Agelii verschiedene Tracks und Mixes zusammen und verwenden dabei Strukturen aus Pop, House, Techno und Rap sowie Fragmente gesprochener Wörter. Sie nehmen die Erfahrungen aus ihren jeweiligen ausgedehnten Tourneen auf und lassen die unterschiedlichen urbanen Environments und paradox anmutenden Routinen von Bürokratie, Privatwirtschaft und Street Culture aufeinanderprallen und verschmelzen sie zu einer halb-fiktiven klanglichen Stadtlandschaft.

Emir Timur Tokdemir aka Mechatok realisierte in jüngster Zeit eine von Lorenzo Senni kuratierte Sound-Installation im MACRO in Rom. Sein jüngstes, von Remixes von Charli XCX und Evian Christ geprägtes Album veröffentlichte er gemeinsam mit dem schwedischen Rapper Bladee. Tokdemir produzierte außerdem Soundtracks für Videospiele wie Defective Holiday (2020) und H.O.R.I.Z.O.N (2021), die Teil einer Ausstellung im Guggenheim Museum waren.

2018 erschien Tove Ageliis aka Toxes Debütalbum Blinks beim Berliner Label PAN. Diesem ließ sie kurze Zeit später zusammen mit Crystalmess die EP Split folgen. Neben ihrer eigenen Sendung bei FF sound Onlineradio NTS London, kreierte Toxe einen Laufsteg-Soundtrack für Burberry sowie die Musik für Clemens Stumpf und Loïc Vandams Standbild-Film The Story of Leonara.

Okkyung Lee

Okkyung Lee arbeitet als Cellistin, Komponistin und improvisierende Musikerin. Sie bewegt sich mühelos zwischen den einzelnen künstlerischen Disziplinen und Genres, arbeitet sowohl als Solokünsterlin als auch in Gemeinschaftsprojekten. Ihr Schaffen ist durch Noise, improvisierte Musik, Jazz, westliche klassische Musik sowie die traditionelle und populäre Musik ihres Geburtslandes Korea beeinflusst. All diese Einflüsse tragen zur Einzigartigkeit ihres Werkes bei, das von einem unerschrockenen Drang zum Experimentieren angetrieben wird. Sie arbeitete zusammen mit Künstler*innen wie Laurie Anderson, David Behrman, Arca, Jim O’Rourke und John Zorn und wirkte an mehr als 30 Albumproduktionen mit. Erst kürzlich legte sie das eindringlich-schöne Soloalbum 나를 (Na-Reul) (2021) vor. 2020 erschien Teum (The Silvery Slit), ein erdiges Sound Environment reich an vielfältigen Texturen.

Lee ist für ihre improvisationsbasierte Arbeitsweise bekannt, bei der sie gewissermaßen „aus dem Bauch heraus” neuartige Klänge sucht. Ortsspezifische Kompositionen, die auf die umgebende Architektur und Objekte sowie das anwesende Publikum eingehen, sind Teil von Lees künstlerischer Praxis. Dadurch ergeben sich immersive Erfahrungen, welche die Hierarchien traditioneller Konzertsituationen kritisch hinterfragen.

Lolina

Lolina, bisher bekannt unter ihrem Pseudonym Inga Copeland und als Mitglied der Band Hype Williams, arbeitet als Musikerin mit digitalen und elektronischen Mitteln. Ihr Debüt-Soloalbum Because I’m Worth It erschien 2014 im Eigenvertrieb. Unter dem Namen Lolina hat sie bisher vier Alben veröffentlicht, darunter das großangelegte Video-Album Live in Paris und The Smoke.  

Lolinas Performances haben ihren Ursprung im Experimentieren mit DJ-Equipment. Aus diesem erwuchs ein „cut-up“-Stil, der ihre letzten Veröffentlichungen Live in Geneva und Who is experimental music? deutlich prägt. Auf ihrem Album Fast Fashion setzte sie CDJ-Player als ein Tool für das Live-Sampling ein, das ihr ermöglicht, zwischen Komposition und Improvisation hin- und herzuwechseln.  

Kali Malone

Kali Malone (geb. 1994) ist eine amerikanisch-schwedische in Stockholm ansässige Komponistin und Musikerin. Ihre Kompositionen implementieren spezifische Stimmungen in minimalistischer Struktur für Pfeifenorgel, Chor, Kammermusikensembles und elektroakustische Formate. Durch synthetische und akustische Instrumente, die in sich wiederholenden und lang andauernden Passagen gespielt werden, ist Kalis Musik reich an harmonischer Textur. Die Musik enthält ausgeprägte emotionale und dynamische Töne, die eine besondere Tiefenschärfe erzeugen.

Stephen O’Malley

Stephen O’Malley ist ein Gitarrist, Produzent, Komponist und bildender Künstler aus Seattle, Washington, und einer der einflussreichsten Drone-Avantgardisten der letzten Jahrzehnte. Er konzipierte und partizipierte in zahlreichen Drone-Metal, Death/Doom und experimentellen Bands, darunter Sunn O))), Burning Witch, Khanate und KTL. Bekannt ist er auch durch zahlreiche Kollaborationen in Musik und Kunst, unter anderem mit Merzbow und Keji Haino sowie mit der Theaterspezialistin Gisèle Vienne, dem Bildhauer Banks Violette, dem Performancekünstler Nico Vascellari und der Filmemacherin Alexis Destoop.

Lucy Railton

Die in Berlin und London ansässige Cellistin Lucy Railton ist seit über einem Jahrzehnt Performerin, Musikproduzentin und Komponistin, und veröffentlichte Alben bei Modern Love, Editions Mego – GRM Portraits, PAN (mit Peter Zinovieff) und Takuroku. Diese Werke neueren Datums, die aus einer langjährigen Auseinandersetzung mit klassischer und zeitgenössischer Musik hervorgegangen sind, existieren zwischen modernen instrumentalen Techniken, elektroakustischer Komposition, Improvisation und expressiver Musique concrète. Ihre Arbeit fokussiert sich häufig auf das Klangpotenzial ihres Instruments und darauf, wie es ihren Experimenten bei der Produktion elektronischer Musik und in ihren Installationen dient.

Wolfgang Voigt

Wolfgang Voigts kreatives Schaffen ist von jeher geprägt von Vielschichtigkeit, Grenzenlosigkeit, Unberechenbarkeit. Die Negation von Genre-, Stil- und Geschmacksgrenzen waren und sind ebenso maßgebliche Elemente seines Werkes wie das Aufgreifen / Zitieren und Weiterverarbeiten externer Inhalte vermittels universellem Sampling. Sozialisiert in der Popsubkultur der 1970er und 80er Jahre, kreiert Wolfgang Voigt seither aus unterschiedlichsten Einflüssen wie Glamrock und Jazz, New Wave und Volksmusik, Pop Art und digitalem Expressionismus seinen ganz eigenen Kunst-Musik Kosmos.

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