"Maniera moderna" widmet sich dem facettenreichen Werk des italienischen Architekten, Designers und Fotografen Carlo Mollino (1905–1973), der zudem auch als Literat, Kunstflieger und Skifahrer bekannt wurde.

Mollino ist innerhalb der Moderne eine Ausnahmeerscheinung. Ausgebildet als Architekt im italienischen Rationalismus der 1920er Jahre und beeinflusst von den Pariser Surrealisten, zeichnet sich schon sein Frühwerk durch einen eigenwilligen Manierismus aus: Gegensätzliche Formen und Techniken treffen aufeinander wie in surrealistischen Montagen. So verbindet Mollino traditionelle Bauformen wie den alpinen Blockhausbau mit der modernen Stahlbetonskelettbauweise. 

Auch Mollinos Fotografie folgt surrealistischen Techniken, sei es in Form von Fotomontagen, sei es in Form artifizieller Porträts und Stillleben, die an Man Ray erinnern. Für seine hoch inszenierten Aufnahmen entwirft Mollino komplexe Interieurs, die er wie Filmsets ausstattet und in denen er mehr als drei Jahrzehnte lang weibliche Akte fotografiert. 

Mollinos Motivation ist von Beginn an die Produktion starker Bilder – ein Ziel, dem er sein gesamtes künstlerisches Schaffen unterordnet: Die Nachbearbeitung von Fotografien durch Retusche und Collage wird wichtiger als das Fotografieren selbst, das mediale Bild ebenso bedeutend wie der gebaute Raum. Gleiches gilt für Mollinos Möbel, die trotz ihrer Funktionalität immer auch eine bildhafte Autonomie als Kunstwerk behaupten. Als Sammlerstücke sehr begehrt, wirken sie heute wie Skulpturen: Stühle können aussehen wie Rehe, Rückenlehnen wie Skier, die Rippen eines Tisches wie die menschliche Wirbelsäule.

Die Ausstellung „Maniera moderna“ ist die erste umfassende Präsentation von Carlo Mollinos Werk im deutschsprachigen Raum. Zu sehen sind neben Möbeln und Zeichnungen auch seine Fotomontagen und Polaroids – ebenso das Rennauto „Bisiluro“, das nach einem Entwurf Mollinos gebaut wurde und 1955 an der 24h-Tour in Le Mans teilnahm. Neben historischen Originalen werden Interventionen der Künstler Nairy Baghramian, Armin Linke und Simon Starling zu sehen sein, die sich auf Mollino beziehen.

Der Ausstellungskatalog wurde mit dem DAM Architectural Book Award ausgezeichnet

Ausstellung organisiert von
Haus der Kunst
in Kooperation mit
Wilfried Kuehn, Kurator und Architekt, Berlin
Armin Linke, Kurator und Künstler, Berlin

In Zusammenarbeit mit
Museo Casa Mollino, Turin  
Archiv der Zentralbibliothek für Architektur des Polytechnikums, Turin
Staatliche Hochschule für Gestaltung, Karlsruhe

Installationsansicht Carlo Mollino – Maniera moderna, Haus der Kunst, 2011, Foto Jyrgen Ueberschär
Installationsansicht Carlo Mollino – Maniera moderna, Haus der Kunst, 2011, Foto Jyrgen Ueberschär
Armin Linke, Carlo Mollino, Tanzen Lutrario 1961 Turin, 2006, Courtesy Kunstraum Medici Solothurn
Armin Linke, Carlo Mollino, Tanzen Lutrario 1961 Turin, 2006, Courtesy Kunstraum Medici Solothurn
Armin Linke, Carlo Mollino, Teatro Regio 1973 Turin, 2005
Armin Linke, Carlo Mollino, Teatro Regio 1973 Turin, 2005
Carlo Mollino, Fotomontage der Casa del Sole, Cervinia 1947, Carlo Mollino Archive
Carlo Mollino, Fotomontage der Casa del Sole, Cervinia 1947, Carlo Mollino Archive
Carlo Mollino, Teatro Regio, 1965–1973, Foto Cavalli
Carlo Mollino, Teatro Regio, 1965–1973, Foto Cavalli
Carlo Mollino, Casa Minola, 1944–1946, Foto R. Moncalvo
Carlo Mollino, Casa Minola, 1944–1946, Foto R. Moncalvo