Jörg Heiser: Was ist "angemessen"? Die zeitgenössische Kunst und der Holocaust
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Welche ist die angemessene Art, mit künstlerischen Mitteln Anteilnahme zu zeigen und an den Holocaust zu erinnern? Oder ist vielleicht das "Angemessene" und das "Zeigen" schon Teil des Problems? Bislang, so der Konsens, standen zwei Wege offen, wollte man nicht in die Falle der "melodramatisch gut erzählten" Geschichte über den Massenmord tappen, die dem Publikum eine trügerische Katharsis verschafft (oder gar einen "voyeuristischen Kick"): die Dokumentation (wie Claude Lanzmanns Film "Shoah") oder die Vergegenwärtigung von Trauma und Abwesenheit (wie etwa in den Bauten Daniel Libeskinds).
Doch gibt es noch einen anderen Weg? Von Pionieren wie der Filmemacherin Lina Wertmüller führt eine Linie zu jüngeren zeitgenössischen Künstlern, wie z. B. Wilhelm Sasnal, der sich in seiner Serie mit dem Titel "Maus" unmittelbar auf die Comics von Art Spiegelman bezogen hat – eine experimentelle Annäherung an das Faktum des Traumas mit den Mitteln des Popkulturellen, gar des Kitsches und der Perversion, ohne dabei in den eingeübten Ritualen des Dokumentierens und Abstrahierens zu verharren.
Jörg Heiser ist Co-Chefredakteur der internationalen Kunstzeitschrift frieze, Herausgeber von frieze d/e und schreibt u.a. für die Süddeutsche Zeitung. Er ist Gastprofessor an der Kunstuniversität Linz.