Annual Lecture DER ÖFFENTLICHKEIT ― VON DEN FREUNDEN HAUS DER KUNST: Noortje Marres

16.4.15

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Was macht eine öffentliche Angelegenheit aus?

Wodurch wird eine Öffentlichkeit erschaffen? Politische Theoretiker haben diese Frage auf verschiedene Weise beantwortet: Manche stellen eine spezifische Art der Geselligkeit in den Vordergrund, die für das Entstehen von Öffentlichkeiten erforderlich sei, etwa die Bereitschaft, sich mit Fremden zu befassen (Warner, 2002). Andere bestehen auf der Wichtigkeit rechtlicher und moralischer Rahmenbedingungen oder betonen die medientechnologischen Strukturen, die für das öffentliche Leben erforderlich seien (der öffentliche Gebrauch von Vernunft, die freie Meinungsäußerung, Zeitungen). Die amerikanischen Pragmatisten, darunter besonders der Philosoph John Dewey, machen einen anderen Vorschlag: Dewey hat argumentiert, dass die Bildung von Öffentlichkeiten mit dem "Auftreten" eines Problems beginnt. Nach Deweys Ansicht entstehen Öffentlichkeiten in der Folge aktueller Ereignisse; sie kommen dann zustande, wenn sich Fremde plötzlich gemeinsam aber antagonistisch vor dasselbe Problem gestellt sehen: Kein Problem, keine Öffentlichkeit.

In ihrem Vortrag wird Noortje Marres Deweys Konzept von Öffentlichkeit darstellen, sowie die Art und Weise diskutieren, wie dieses Konzept zum Verständnis der Anforderungen beitragen kann, denen sich Theorie und Praxis der Öffentlichkeit heute gegenübersehen. Nach einer Einführung in Deweys Theorie wird sie seine Thesen durch zeitgenössische Beispiele vertiefen. Die Diskussion stellt drei Projekte in den Mittelpunkt, die in jüngster Zeit an den Schnittstellen von Kunst, Sozialwissenschaften und Technologie entwickelt worden sind: "Spiral Drawing Sunrise" (2008) von Esther Polak, "Nuage Vert" (2011) von HeHe sowie "Energy Babble" (2012) des Interaction Research Studio. In erster Linie werden dabei drei Themenkreise behandelt: Zuerst wird Marres die Rolle untersuchen, die physische Umgebungen bei der Organisation von "Problem-Öffentlichkeiten" spielen. Sie betrachtet diese Rolle zwar nicht als primär, doch das macht sie nicht weniger wichtig. Zweitens argumentiert sie, dass die Relevanz der genannten Projekte darin besteht, dass sie verschiedene "Register" der Öffentlichkeit zueinander in Beziehung setzen: Forschung, Politik und Kunst. Abschließend wird sie die These vorstellen, dass Lebendigkeit – "Ereignishaftigkeit" – ein entscheidendes Merkmal von Öffentlichkeiten ist. Schließlich wirft Marres die Frage auf, welche Folgen diese Punkte für unser Verständnis von der "Effizienz" von Öffentlichkeiten haben bzw. von ihrer Fähigkeit, das politische und kulturelle Leben zu beeinflussen.

Noortje Marres hat an der Universität Amsterdam und an der École des Mines in Paris Soziologie und Philosophie studiert. Derzeit ist sie Dozentin für Soziologie an der Goldsmiths, University of London, wo sie auch das Centre for the Study of Invention and Social Process (CSISP) leitet. Im Mittelpunkt ihres Interesses stehen die Beziehungen zwischen Technologie, Demokratie und Umwelt, die mit verschiedenen Forschungsansätzen ausgelotet werden: durch Gesellschafts- und politische Theorie, mit empirischen Methoden sowie in Zusammenarbeit mit Künstlern und Designern. Marres' erstes Buch "Material Participation" (Palgrave, 2012) ist vor kurzem als Taschenbuch erschienen. Ein zweites, "Digital Sociology: the Reinvention of Social Research" (Polity) ist in Arbeit.


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