Die derzeitige Ausstellung „Brainwashed“ in der Sammlung Goetz im Haus der Kunst widmet sich dem Phänomen des popkulturellen Mainstreams. Die versammelten Künstlerinnen und Künstler legen kommerzielle Bildsprachen kritisch offen, ihre widersprüchlichen Verheißungen und Klischees. Wir haben mit vier von ihnen über die Hintergründe und aktuelle Bezüge der in der Ausstellung gezeigten Videoarbeiten gesprochen.

Der in New York lebende Jonathan Horowitz widmet sich verschiedensten Medien wie Video, Skulptur, Klanginstallation, Malerei oder Fotografie. Er ist bekannt für seine kritische Reflexion und scharfsinnige Annäherung an umstrittene soziale und politische Diskurse unserer Gegenwart. Er thematisiert unterschiedliche Formen von Diskriminierung, ob im Kontext von Medien und Manipulation oder aber extremistische Haltungen die Religion, Sexualität oder Herkunft betreffen. Horowitz schafft es, unbequeme Wahrheiten über gegenwärtige Gesellschaften oftmals auf provokante Weise offen zu legen und Wertesysteme auch tragisch, humorvoll zu befragen.

Jonathan Horowitz, Apocalypto Now (Video Still), 2009 © the artist, Courtesy Sammlung Goetz, Medienkunst, München
Jonathan Horowitz, Apocalypto Now (Video Still), 2009 © the artist, Courtesy Sammlung Goetz, Medienkunst, München
Jonathan Horowitz, Apocalypto Now (Video Still), 2009 © the artist, Courtesy Sammlung Goetz, Medienkunst, München
Jonathan Horowitz, Apocalypto Now (Video Still), 2009 © the artist, Courtesy Sammlung Goetz, Medienkunst, München
Jonathan Horowitz, Apocalypto Now (Video Still), 2009 © the artist, Courtesy Sammlung Goetz, Medienkunst, München
Jonathan Horowitz, Apocalypto Now (Video Still), 2009 © the artist, Courtesy Sammlung Goetz, Medienkunst, München
Jonathan Horowitz, Apocalypto Now (Video Still), 2009 © the artist, Courtesy Sammlung Goetz, Medienkunst, München
Jonathan Horowitz, Apocalypto Now (Video Still), 2009 © the artist, Courtesy Sammlung Goetz, Medienkunst, München

In Jonathan Horowitz’ Apocalypto Now werden historische Ereignisse und Naturkatastrophen mittels einer Montagetechnik exemplarischen Szenen aus der Filmgeschichte gegenübergestellt. Ein zentrales Motiv ist dabei der Klimawandel, dessen apokalyptisches Ausmaß Horowitz anhand all der in Spielfilmen bildgewaltig inszenierten Überflutungen, Stürme und Brände anschaulich macht. Er greift dabei auf kulturhistorische Vorstellungen von der Apokalypse bis hin zur Kreuzigung Jesu Christi zurück, indem er aus deren Rezeption in der über 100-jährigen Filmgeschichte schöpft. Auf diese Weise spürt er den Interpretationen existenzieller menschlicher Bedrohungsszenarien nach.

Die Zusammenschnitte von Spielfilmsequenzen und realen Katastrophenaufnahmen sind mit Kommentaren des populären Physikers Stephen Hawking und des aufgrund seiner religiösen Einstellung umstrittenen Regisseurs und Schauspielers Mel Gibson unterlegt. In der Gegenüberstellung dieser fundamentalen Oppositionen werden reale und fiktive Katastrophen gleichermaßen im Hinblick auf ihre Lesarten, deren Bedingtheit durch den kulturellen Kontext und die jeweiligen Auswirkungen reflektiert.

Interview mit Jonathan Horowitz

Haus der Kunst: In welchem Zusammenhang ist diese Arbeit entstanden? Was hat dich zu der Arbeit veranlasst?

Jonathan Horowitz: Apocalypto Now wurde vom Museum Ludwig in Auftrag gegeben. Für die ursprüngliche Installation wurde ein Raum mit recycelten Materialien aus früheren Installationen des Museums gebaut, und die Projektion wurde mit Solarpaneelen betrieben, die ich auf dem Dach des Museums installiert hatte. Inspiriert wurde ich durch die Geschichte, wie der US-Präsident Jimmy Carter Solarpaneele auf dem Dach des Weißen Hauses installieren ließ, die sein Nachfolger Ronald Reagan bei seinem Amtsantritt sofort wieder entfernt hatte.

Jonathan Horowitz, Apocalypto Now, 2009, Installationsansicht im Museum Ludwig © the artist
Jonathan Horowitz, Apocalypto Now, 2009, Installationsansicht im Museum Ludwig © the artist
Jonathan Horowitz, Apocalypto Now, 2009, Installation view at Museum Ludwig © the artist
Jonathan Horowitz, Apocalypto Now, 2009, Installation view at Museum Ludwig © the artist
Jonathan Horowitz, Apocalypto Now, 2009, Installation view at Museum Ludwig © the artist
Jonathan Horowitz, Apocalypto Now, 2009, Installation view at Museum Ludwig © the artist
Jonathan Horowitz, Apocalypto Now, 2009, Installation view at Museum Ludwig © the artist
Jonathan Horowitz, Apocalypto Now, 2009, Installation view at Museum Ludwig © the artist

Haus der Kunst: Was bedeutet dir diese Arbeit?

Jonathan Horowitz: Es geht um die Furcht vor einer Katastrophe, real und eingebildet, und um die Phantasie darüber.

Haus der Kunst: Was bedeutet Brainwashed im gegenwärtigen Medienzeitalter für dich?

Jonathan Horowitz: Es ist nicht nur, dass Medienkonsumenten getäuscht werden. Die Menschen suchen nach den Lügen, die sie glauben wollen, und es ist heute einfacher denn je, sie zu finden.

Kommentar von Julia Heldt, der kuratorischen Assistentin der Ausstellung "Brainwashed"

Ein faszinierender Moment am Genre des Katastrophenfilms scheint zu sein, dass die Betrachterinnen und Betrachter sich in ihren Kinosesseln vor all den apokalyptischen Szenarien, die sie auf der Leinwand sehen sicher fühlen können. In Horowitz‘ Apocalypto Now hingegen wird deutlich, wie sehr die Szenen der Zerstörung tatsächlich Bestandteil unserer Realität geworden sind. Mit Hilfe von Montagetechniken und sich überlagernden filmischen Referenzen aus Film wie gleichermaßen Nachrichten, scheinen Realität und Fiktion bei Horowitz zu verschmelzen. Mit dieser Zirkulation von Bildern entlarvt Horowitz die erschreckende Gleichzeitigkeit von parallelen Wirklichkeiten der Medien.

Jonathan Horowitz Apocalypto Now (Video Still) 2009 1-Kanal-Video (Projektion oder Flachbildschirm) (Farbe, Ton) © the artist Courtesy Sammlung Goetz, Medienkunst, München
Jonathan Horowitz Apocalypto Now (Video Still) 2009 1-Kanal-Video (Projektion oder Flachbildschirm) (Farbe, Ton) © the artist Courtesy Sammlung Goetz, Medienkunst, München

Apocalypto Now von Jonathan Horowitz ist derzeit Teil der Ausstellung "Brainwashed" der Sammlung Goetz im Haus der Kunst.